Trainingslager in Niedamirow – build your own kata

„Nach Niedamirow ist vor Niedamirow.“ Diese – leicht abgewandelte – Weisheit wird jeder Ouchi kurzerhand unterschreiben können, der schon einmal zu Himmelfahrt in Richtung Schneekoppe aufgebrochen ist, um dort am jährlichen Trainingslager teilzunehmen.

Der Urlaub ist eingereicht, die Schulbefreiung der Klassenleiterin übergeben – und so wird die heiße Phase zum Trainingslager spätestens mit der Mail und Packliste von Hannes für den Aufenthalt „im Nirgendwo“ eingeläutet. Die letzten Jahre werden im Geiste kurz durchgespielt: Sonne, Wärme, anstrengende Trainingseinheiten, Bauchnabel küsst Wirbelsäule, Buchweizen, viel und gutes vegetarisches Essen (ja, zu 95% – auch wenn man „Fleischfresser“ ankreuzt), Jonglieren und Hula Hoop. Alles wird mit der Packliste vom Vorjahr verglichen und – ui… kurz vor knapp kommt die voraussichtliche Unwetterwarnung über das komplette Wochenende von Hannes im Chat. Die obligatorische Viertelstunde vor dem Kleiderschrank offenbart: für solch ein Wetter hab ich nichts anzuziehen.  Wiederum, so schlimm kann es gar nicht werden, denn erstens: stimmt es oft nicht, wenn Hannes’ App Regen ansagt; und zweitens: na und?

So starteten wir pünktlich und gut gelaunt am Mittwoch Richtung Niedamirow und konnten Tim auf halber Strecke ebenfalls noch mit einsammeln. Während der kleinen Pause zückte irgendjemand aus dem zweiten Bus ein Lunchpaket, welches in seiner Großartigkeit und Gaumenfreude ganz stark an umami herangekommen ist (Beweisbild: vorletztes Foto in der Serie [gestellte Aufnahme]). Ein großer Dank an die Zauberer!

Zum Abend erreichten wir unser Ziel und konnten endlich Beata und Grzegorz begrüßen. Es ist jedes Jahr aufs Neue ein wunderbares Ereignis, diese Beiden wiederzusehen. Irgendwie kommt es einem in diesen Minuten vor, als wäre man (vor einem Jahr) nur mal kurz nach Dresden gefahren, um ganz schnell wieder nach Niedamirow zurückzukehren. Spätestens wenn man auch Uwe erblickt, läutet dieses herzliche Wiedersehen vier wundervolle Tage ein.

Den Donnerstag starteten wir standesgemäß mit Yoga vor dem Frühstück und die üblichen Verdächtigen/Mutigen sprangen anschließend in den kleinen Teich hinter dem Dojo. Ich habe keine Ahnung, wie man sich dieses Eiswasser auf nüchternen Magen antun kann – aber versprochen: das nächste Mal teste ich es ebenfalls. Den Vormittag des Donnerstags nutzten wir für eine ausgiebige Wanderung. Grüppchen bildeten sich, Gesprächspartner waren gefunden und die kommenden Stunden wurden rege genutzt, um sich die neuesten Dinge zu erzählen oder auf schöne Ereignisse aus den vergangenen Wochen zurückzublicken. Am Scheitelpunkt der Wanderung *packte* Hannes auf einer Rast *aus*. Dieses Jahr sollte sich in seiner Abfolge nicht an die letzten Jahre anschließen: keine Reaktionstests, bei denen die Jugend zwangsläufig die Alten verwamst, keine Touchrugby-Einheiten, keine vernichtenden Gruppenläufe gegen andere Teams bergauf, keine Karatephysik-Leistungskurse… Es sollte dieses Jahr an den Kern einer der drei Säulen des Karate gehen: Kata. Und zwar die Eigene. In der folgenden Viertelstunde sammelten wir die Merkmale, die alle Kata des Shotokan gemeinsam haben und Hannes formulierte daraufhin die Aufgabe für die kommenden Tage. Wir beendeten die Pause und begannen mit dem Heimweg. Der Blick in die Gesichter Anderer beim Abstieg verriet einem, dass man nicht nur selbst gerade an der gestellten Aufgabe zu knabbern hatte.

Wenigstens den Nachmittag und Abend sollte Hannes Recht behalten: es regnete – aber wir hatten da schon ganz andere Probleme mit unserer Wochenendaufgabe. Peter sorgte mit seiner dazugehörigen „Komplexaufgabe“ noch für den notwendigen Rahmen. Denn was an diesem Wochenende entwickelt werden würde, soll ja auch für die Nachwelt aufbereitet werden: in Form eines Plakats, welches Auskunft über die Kata gibt.

Die kommenden Tage war uns der Wettergott hold und der vorhergesagte durchgehende Regen blieb aus. Nur gefühlte zwei Mal gab es Wasser von oben und so hatten wir genügend Zeit in der Natur für unsere Aufgabe und natürlich jonglieren und Hula Hoop und eine weitere Wanderung. Bis zum Samstag Abend wurde kreiert, gezeichnet, illustriert, geklebt, verworfen und neu zusammengefügt. Am Sonntagvormittag gab es dann die Präsentation jeder Kata auf der großen Wiese. Hier zeigte sich eindrücklich die wahre Vielfalt in den Ouchi-Köpfen, denn jede Kata hatte ihren eigenen Stil und bot einen Einblick in die unterschiedlichen Herangehensweisen.

Nach dem Mittagessen bedankten wir uns bei Beata und Grzegorz für die schöne Zeit und tolle Bewirtung. Es waren wunderbare Tage mit ihnen und wie jedes Jahr hat dieses Begegnungszentrum mit all seinen schönen Ecken dem Himmelfahrtswochenende einen super Rahmen gegeben. So machten wir uns langsam wieder auf den Heimweg…

Nach Niedamirow ist vor Niedamirow!

Henschi